Es ist wieder soweit: Die diesjährige Staffel von GNTM hat begonnen. Ein mancher mag vielleicht kritisieren, dass nun auch Männer mitmachen oder dass die Sendung sich in Bezug auf die Teilnehmer stark verändert hat, doch gibt es einige Dinge, die in der Sendung wirklich nicht ideal laufen.
Was ist eigentlich GNTM?
Germany’s next Topmodel, kurz GNTM, ist eine Reality-Show von Heidi Klum, die seit 2006 auf ProSieben ausgestrahlt wird. Jedes Jahr treten in der Sendung verschiedene Kandidat*innen, mit dem Ziel, Model zu werden, über mehrere Wochen gegeneinander an, um am Ende „Germany’s next Topmodel“ zu werden.
Die Sendung wurde schon oft für verschiedene Dinge kritisiert.
Bereits in 2015, also vor fast zehn Jahren, kritisierte man das Schönheitsideal, welches in der Sendung vertreten wird. Bis vor einigen Jahren sahen die Teilnehmerinnen nämlich alle sehr stereotypisch aus. Dünne Körper, lange blonde Haare. Damals tätigte Heidi in der Sendung sogar aktiv Bodyshaming, indem sie Kommentare zu den Körpern der Models gab, die in ihren Augen zu dick waren. So sagte sie unter anderem zu verschiedenen Teilnehmerinnen, dass sie zu dick seien, um Model zu werden, oder dass sie aufhören sollten, so viel Süßes zu essen. Eine Studie von 2015 belegte bereits, dass das Gucken der Sendung die Wahrnehmung des eigenes Körpers verzerren und Essstörungen hervorrufen kann, was nicht gerade selten passiert. 1 In Deutschland hat durchschnittlich jedes zweite Mädchen im Alter von 11 bis 15 mindestens einmal den Gedanken zu dick zu sein, womit sich Deutschland an der Spitze befindet. In der Studie wurde der Zusammenhang davon mit dem Schauen von GNTM untersucht. Die Studie zeigt, dass 78% der befragten Mädchen, die das Gefühl haben, zu dick zu sein, normalgewichtig sind, 10% sogar untergewichtig und nur 13% davon tatsächlich übergewichtig sind. In einer Statistik kann man erkennen, dass von den befragten Mädchen im Alter von sieben, 25% die Sendung schauen, im Alter von zehn bereits über 60% und, als Höhepunkt, im Alter von 16, 92%. Legt man diese Statistik mit einer weiteren Statistik übereinander, die, ebenfalls nach Alter sortiert, die Anzahl derer zeigt, die zumindest manchmal den Gedanken haben, zu dick zu sein, ist ein Zusammenhang zwischen beidem zu erkennen. Es kann also geschlussfolgert werden, dass das Schauen der Sendung den Einfluss hat, dass sich die Zuschauer mehr Gedanken über ihr Aussehen machen, was Krankheiten wie Essstörungen oder sogar Depressionen hervorrufen kann.
Mittlerweile ist es zwar ein größeres Spektrum an Kandidat*innen mit verschiedenen Körpermerkmalen und Eigenschaften, die an der Sendung teilnehmen, doch hierbei sprechen einige Leute vom sogenannten „woke washing“, also dem Ausnutzen aktueller sozialer Probleme für einen höheren Profit. Hierbei stellt man sich also selbst als woke dar, um Kritik zu verhindern und um im besten Fall als Positivbeispiel oder als Vorreiter dazustehen, mit dem Ziel dadurch mehr Aufmerksamkeit und Geld zu generieren. So ist vielen Leuten aufgefallen, dass die Kandidatinnen, die nicht Heidis idealem Bild einer Frau entsprechen, in der Sendung immer wieder auf ihr „besonderes“ Körperbild angesprochen werden und dass Heidi bei ihnen immer wieder betont, dass sie ja jetzt mit der Sendung „diversity“ unterstütze. Hierbei ist also nicht von einer gleichen Behandlung der Kandidatinnen zu sprechen, sondern von einem aktiven Ausnutzen ihrer Eigenschaften für eine höhere Einschaltsquote und für einen besseren Ruf. Man kann also nicht wirklich aussagen, dass dies die Situation des Bodyshamings verbessert, da die Kandidatinnen immer noch als was anderes und nicht als die Norm dargestellt werden. Denn jedem, der die Sendung auch nur ein bisschen hinterfragt, dürfte auffallen, dass die Änderung der Sendung, durch das Nehmen von stark verschieden aussehenden Bewerber*innen scheinbar nur für einen besseren Ruf der Sendung vorgenommen wurde.
Ein anderer Kritikpunkt ist die Sexualisierung der, teilweise sogar minderjährigen, Kandidatinnen. Sehr häufig wurden und werden die Teilnehmerinnen dazu gebracht, sich in der Öffentlichkeit für ein Shooting und letzendlich sogar im Fernsehen vor Millionenpublikum, sehr freizügig zu präsentieren, immer mit der Drohung, ansonsten nicht mit in die nächste Runde zu können. In der Sendung selbst wurden schon einige Kandidatinnen gezeigt, die aussagten, dass sie sich nicht so im Internet zeigen wollen, sie sich unwohl fühlen, oder Teilnehmerinnen, die deswegen sogar weinten. Und auch wenn man jetzt vielleicht sagen kann, dass sie sich letzendlich selbst dazu entscheiden, an der Show teilzunehmen, sollte mit unter Betracht gezogen werden, dass den Teilnehmerinnen von Seiten Heidis immer wieder weiß gemacht wird, dass sie anderweitig keine Chance hätten, Model zu werden. Hierbei wird immer wieder von Heidi gesagt, dass die anderen Mädchen das Shooting auch einfach antreten und dass sie keinen Modeljob kriegen würden, wenn sie sich so anstellen, was dazu führt, dass die Kandidatinnen schlussendlich selbst davon überzeugt werden. Man kann also davon sprechen, dass sie stark unter Druck gesetzt und somit indirekt dazu gezwungen werden, an den Shootings teilzunehmen.
Hinzu kommt, dass die Sendung auch ohne Fotoshootings, die für die Kandidatinnen durch das freizügige Darstellen des eigenen Körpers in der Öffentlichkeit unangenehm sind, funktionieren würde und dass Heidi selbst bewusst ist, dass sich hierbei sehr viele Kandidatinnen unwohl fühlen. So sagte sie selbst in der Sendung aus, dass es jedes Jahr mindestens eine Kandidatin gäbe, die ein Problem mit dieser Art von Shootings hat, was natürlich die Frage aufwirft, warum sie dann trotzdem jedes Jahr aufs Neue stattfinden, wenn Heidi offensichtlich bewusst ist, dass sich die Teilnehmerinnen dabei unwohl fühlen. Was auch zu beachten ist, ist, dass solche Shootings auch in der Modelwelt nicht normal sind. Es gibt zahlreiche Models, die seit Jahren diesen Beruf ausüben, sich jedoch noch kein einziges Mal für ein Shooting so freizügig präsentieren mussten, zumal man sich in der echten Modelwelt ja aussuchen kann, welchen der Jobs man annimmt und welchen nicht.
Desweiteren wurde die Sendung von ehemaligen Kandidatinnen dafür in Kritik gestellt, dass die Realität in der Sendung komplett falsch dargestellt wird. Es gibt unter anderem Vorwürfe, dass die Kandidatinnen extra gestresst wurden, oder der Stressabau nicht möglich gemacht wurde, was zu einer Genervtheit der Kandidatinnen und damit zu Stress untereinander führte, wodurch eine höhere Einschaltsquote erreicht wurde. Beispielsweise hatten die Teilnehmerinnen kein Handy und nur sehr selten die Möglichkeit, mit ihren Freunden oder ihrer Familie zu telefonieren, wodurch einem eindeutig eine Möglichkeit zur Entspannung genommen wird. Hinzukommt, dass die Mädchen fast durchgängig gefilmt werden und praktisch nie Zeit für sich alleine haben. Lijana, eine ehemalige Teilnehmerin, sagt außerdem aus, dass sie außerhalb des Drehs ihre Unterkunft nicht verlassen durften. Sie erzählt, dass sie von einem Wachmann bewacht wurden, der damit gedroht hat, dass sie aus der Sendung fliegen, sollten sie versuchen, sich rauszuschleichen.
Ein anderer Vorwurf ist, dass die Teilnehmer aktiv gegeneinander aufgehetzt wurden, oder ihre Persönlichkeit durch das aus dem Zusammenhang Schneiden von ihren Aussagen falsch dargestellt wurde. Beispielsweise wurde ausgesagt, dass die Mitarbeiter den Kandidatinnen erzählten, dass jemand anderes etwas Schlechtes über einen selbst erzählt hätte, mit der Absicht Drama und somit auch Einschaltsquote zu erzeugen. Durch gezielte Fragestellungen, wie zum Beispiel, warum man findet, es mehr verdient zu haben, zu gewinnen, als die anderen, wurden falsche Bilder der Kandidatinnen erzeugt. Außerdem sollen die Aussagen der Teilnehmer*innen des öfteren aus dem Zusammenhang geschnitten oder wichtige Teile des Gesagten rausgeschnitten worden sein, sodass ihr Charakter komplett anders rübergekommen ist. Hierbei kann es bei Kandidat*innen zu mentalen Probleme kommen, wenn man weiß, dass man selbst im Fernsehen ganz anders dargestellt wird und deswegen im Internet oder sogar auf der Straße Hass kassiert.
Und auch wenn man hier sagen mag, dass so etwas in vielen Reality-Shows passiert, gibt es immer noch die Probleme der Verunsicherung der Zuschauerinnen und der Sexualisierung der Kandidatinnen. Abgesehen davon gibt es noch weitere Kritikpunkte, wie beispielsweise das Umstyling, bei dem die Teilnehmerinnen unnötig unter Druck gesetzt und fertig gemacht werden, oder den Fakt, dass es in der Sendung nicht um die Leistung der Kandidatinnen, sondern nur darum, wie interessant sie für die Show sind, geht, welche hier jedoch aufgrund der Länge nicht weiter thematisiert werden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Sendung zu psychischen Problemen, sowohl bei den Teilnehmer*innen als auch bei den Zuschauer*innen, führen kann. Es scheint also keinen wirklichen Grund mehr dafür zu geben, dass die Sendung noch weitergeführt wird. Trotzdem soll mit diesem Artikel nun nicht ausgesagt werden, dass man die Sendung nie wieder gucken sollte, denn am Ende hat Heidi es jedoch geschafft, in der Sendung soviel Drama und Spannung zu erzeugen, dass sie auf die Zuschauer eine fesselnde Wirkung hat. Es ist jedoch wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die Realität und die Kandidat*innen in der Sendung sehr falsch dargestellt werden. Man sollte also nichts, was in der Sendung gesagt oder gezeigt wird, einfach glauben und sich anhand der Show kein Urteil von der Teilnehmer*innen bilden. Um auf die eigene mentale Gesundheit zu achten, sollte man ein gesundes Verhältnis zwischen der Show und der Realität beibehalten und sich immer selbst daran erinnern, dass jeder Mensch schön so ist, wie er ist.
Quellen:
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/start-der-18-gntm-staffel-darum-ist-germany-s-next-top-model-noch-immer-problematisch
https://izi.br.de/deutsch/publikation/televizion/28_2015-1/Goetz_Mendel-Der_Gedanke_zu_dick_zu_sein.pdf https://de.wikipedia.org/wiki/Germany%E2%80%99s_Next_Topmodel
https://youtu.be/cVkC-wNmAxE?si=J3RgVMdQIuC8GAe_ https://youtu.be/329iDmp0DLw?si=CZifhPwyLPoyGYkq
- https://izi.br.de/deutsch/publikation/televizion/28_2015-1/Goetz_Mendel-Der_Gedanke_zu_dick_zu_sein.pdf ↩︎