Lang erwartet, heiß ersehnt: Barbie von Regisseurin Greta Gerwig, dem neuen Stern am Himmel Hollywoods. Aber schafft sie es, diese Erwartungen auch in mehr als oberflächlicher Hinsicht zu erfüllen?
Gerwig schafft es in den besten Szenen ihres Films einen Mix aus Big-Budget-Blockbuster und idiosynkratischer Fantasie zu schaffen, ohne hierbei ins Wes-Anderson-Schema zu verfallen.Trotzdem merkt man dem Film seine Liebe zum Detail an (hierzu muss man sich nur das Behind-the-scenes Material auf YouTube ansehen), welche man auch in Anspielungen auf die Geschichte der Puppe erkennen kann: so in der ersten Szene, die mehr ist als nur eine Anspielung auf 2001 von Kubrick, oder im Auftreten von Sugar Daddy Ken und Proust-Barbie.
Zuerst einmal spielt der Film, um seine Handlung erklären zu können, auf zwei Realitätsebenen: in Barbie-Land, wo die Barbies sind, mit welchen die, mehr oder weniger kleinen, Mädchen spielen, und der wirklichen Welt, in welcher Mattel seinen Sitz hat. In Barbie-Land leben die Barbies mit ihren Ken’s ein idyllisches Leben: Girlsnights und Partys zur Musik von Dua Lipa, welche zusammen mit John Cena ihren Cameo-Auftritt hat. Doch dann beginnt der Film seinen Konflikt: Barbie fällt plötzlich von ihrem Traumhaus, schläft schlecht und lässt unterdrückten Todesgedanken freien Lauf. Letztendlich bekommt sie sogar Cellulite. Deshalb verlässt sie auf Anraten der „komischen Barbie“, gespielt von Kate „Schenkelklopfer“ McKinnon, Barbie-Land mit Ken im Schlepptau, da das Mädchen, zu welchem Barbie gehört, für ihren anormalen Zustand verantwortlich ist. Jedoch wird sich im Laufe des Films herausstellen, dass das Mädchen, nach welchem sie suchen, gar kein Mädchen mehr ist.
Von hier aus entspinnt sich der eher schwache Teil des Films, welcher leider alle Szenen umfasst, welche kein „Klamauk“ sind. Denn diese sind ohne Zweifel die besten des ganzen Films: man sieht Farben, Choreographien und vieles mehr. Auch wenn man das als albern empfinden mag, werden wir doch noch erläutern, was das Problem der „ernsten“ und „bedeutungsschwangeren“ Szenen ist.
Das Problem nämlich ist, dass Gerwig eine interne Kritik an Mattel mit einer Mutter-Tochter-Geschichte und einer Botschaft über Emanzipation erzählen will. Zuerst einmal versucht der Film eine Kritik an Mattel zu sein, greift dabei jedoch nur bestimmte Aspekte der Firma heraus und schafft ironischerweise nebenbei noch die erlösergleiche Figur der Erfinderin von Barbie, die für Barbie das ist, was die Fee für Pinocchio war.
Wenn sich die „Alpha-Männer“ unter den Zuschauern noch aufregen möchten, könnten sie dem Film möglicherweise Männerfeindlichkeit vorwerfen: dies wäre jedoch mehr als albern, da die Empowermentbotschaft fast ins absurde umgekehrt wird, als sich der Film über den „Männlichkeitswahn“ unserer Gesellschaft lustig macht; dies erinnert mehr an einen FUNK-Insta-Feminismus-Post als an eine interessante Sichtweise auf das Männer-Frauen-Verhältnis in z. B. modernen Unternehmen oder unserer Gesellschaft.
Der Film schafft es hierbei nicht über den Tellerrand hinauszusehen und landet dabei auch mehr als einmal in der Kitschfalle: sei es nun in der Mutter-Tochter-Geschichte oder der „empowernden“ Botschaft. Das Ganze wird so plakativ und plump dem Zuschauer vorgesetzt, dass man sich zum Teil fragt, ob das Ganze keine Parodie sein soll. So in Monologen, in welchen auf die Probleme von Frauen aufmerksam gemacht wird oder auch anderen Beispielen, welche wir hier nicht nennen, aber beim Sehen des Films mehr als offensichtlich sind.
„Manchmal ist es schwer, eine Frau zu sein. Aber man muss trotzdem stark und alles sein“ – dieser Satz könnte exemplarisch für den gesamten Film stehen, aber auch, in anderem Kontext, in einer Binden-oder Hämorrhoidencreme Werbung verkommen. Und am Ende hat Barbie auch noch ihren großen Moment, in welchem sie sich zu einem von Billie Eilish ins Mikro geschluchztem Song fragt, wer sie sein soll. Antwort: eine Frau, welche einen Termin beim Gynäkologen hat.
Hallo,
der Artikel war sehr gut und informativ. Es war schön, den Artikel zu lesen.🙂
Ey, Top Artikel!!! Meeeeega interessant 🫶👍👏
Danke, ich würde aber sagen, dass der Artikel eine Auffrischung verdienen könnte, besonders wenn man bedenkt, da es jetzt bereits einige Monate her (beziehungsweise letztes Jahr gewesen) ist, dass ich ihn mir im Kino angesehen hatte. Es wäre interessant zu sehen, inwiefern sich auch die Auffassung vom Film seit dem geändert hat oder nicht, etc.. Denn auch, wie mir in privaten „Studien“ aufgefallen ist, werden die Songs des Films (besonders der furchtbar nervige von Billie Eilish) zwar durchgehend auf Instagram genutzt (jedenfalls habe ich den Eindruck), hingegen der Film selbst eher vergessen scheint. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass sich in ein paar Jahren niemand mehr an diesen Film erinnern wird (auch wenn das gleiche auch auf Oppenheimer zutreffen könnte, auch wenn die qualitativen Unterschiede hierbei bedeutend sind).
Andernfalls könnte man auch über Anderes reden, etc..
Ich hätte auf jeden Fall auch mehr Positives über den Film sagen können, z. B. mehr auf den Cast eingehen, welcher wirklich aus einem Ensemble bestand. Wie Margot Robbie, Ryan Gosling (dessen beste Filme noch immer DRIVE (Winding Refns Meisterwerk) und BLADE RUNNER 2049 sind), Ncuti Gatwa, etc.. Aber ein guter Cast macht noch keinen guten Film aus, wie man an meiner Rezension erkennen wird. Ich würde hierfür mir auch noch einmal intensiver Gerwigs vorherigen Film ansehen, LITTLE WOMEN. Denn dieser hat, abgesehen von Emma Watson (einer Schauspielerin, von welcher oft gut gesprochen wird, aber meinen Observationen nach keinerlei Talent hat) ebenfalls einen Ensemblecast (Saoise Ronan, Florence Pugh, Timothée Chalamet und Laura Dern), aber allein darauf, dass er auf dem meiner Meinung nach absolut überschätzten Roman LITTLE WOMEN (1868/69) von Louisa May Alcott basiert, bereits kritisch zu betrachten ist, auch wenn ich mit ihm als Historiendrama sympathisiere (allerdings jedes Mal weg gucken muss, wenn Emma Watson zu sehen ist) und nach meinen bisherigen Observationen den Film durchaus positiv bewerten würde, etc..
Ich habe ebenfalls mit Freude beim Schauen des Films bemerkt, dass Robert Odenkirk (alias Saul Goodman aus BREAKING BAD) eine Rolle im Film hat. (Ich finde BREAKING BAD großartig, nur um es einmal gesagt zu haben)
Dass der Film nominiert wurde, ist unberechtigt; über Margot Robbies Nicht-Nominierung muss ich mich wundern und Ryan Gosling hat zumindest die Nominierung verdient, etc.
Vielleicht wird noch ein Postscript hinzufügen, falls sich noch etwas ergeben sollte.
Allerdings finde ich die Jetzt aufkommende „Debatte„(wenn man es so nennen kann) (von der ich z.B. auch bereits durch Zufall ein Reel gesehen habe) über den „feministischen“ Inhalt des Films und die jetzt-Nicht-Behandlung(?) der „Frauen des Films“ bei den Oscars als „Zeichen“ sehen, als übertrieben an.
Nur als Nachtrag, bevor es falsch verstanden wird: ich finde es absolut nicht gerechtfertigt, dass die Hauptdarstellerin und die Regisseurin in einem Film, welcher nominiert war, nicht nominiert sind, allerdings geht es jetzt wieder nicht um die Qualität des Films, sondern erneut den Sexismus der Oscars, etc., der Film wird also erneut weit besser gemacht als er eigentlich ist.
Allerdings kann man von den Oscars auch Nichts anderes erwarten, da diese generell kein guter Filmpreis sind (Beispiel gefällig? TENET von Christopher Nolan war nur in Nebenkategorien nominiert, James Cameron für AVATAR 2 (wenn auch kein guter Film) ebenfalls nicht als Regisseur, etc.. Es wird also nicht über die Qualität der Oscars im Allgemeinen, sondern bloß über ein „Problem“, welches mit einem antiquierten Mindset zusammenhängt, geredet; das erinnert mich an eine Doku-Reihe welche eine zeit lang auf ONE zu sehen war, über die Geschichte Hollywoods, welche von CCN produziert wurde und deren Aussage im Grunde war: „Hollywood ist geil, war immer geil und ist jetzt noch viel geiler.“ (die Doku besteht eigentlich zum Großteil aus Leuten welche das klassische Hollywood beweihräuchern und z.B. den Rassismus auf absurde Weise herunterspielen zu scheinen – ebenfalls ist es typisch für Hilary Clinton einmal erneut sich für weiße Frauen einzusetzen.
Es ist gut, dass der Film schlussendlich bei den Oscars die anscheinend nicht viel gewonnen hat und vieles an Oppenheimer ging.
Die Entscheidung für den besten Song ist aber noch immer unberechtigt, da „What was I made for“ ein furchtbar langweiliges und pseudo-emotionales Lied ist, welches auch noch sterbenslangweilig dazu ist.
Aber zumindest gab es eine Liveperformance von „I’m just Ken“.
(Ich bin mir nicht sicher, ob Jimmy Kimmel auch wieder einen seiner unwitzigen und nervigen Witze gebracht hatte in Bezug auf Barbie; wenn man sich allerdings an die früheren Jahre erinnert, dann ist es wahrscheinlich, dass er erneut schlechte Comedy bei dieser großen Hollywood-Werbeveranstaltung präsentiert hat.)
Ein Film hatte etwas ähnliches probiert letztens: Damsel. Auch kein guter Film, aber er hatte eine ähnliche Strategie probiert, um besser zu wirken, als er war. Denn wie gesagt, er war das Gegenteil von Gut.