Das Kinojahr 2023 scheint für Hollywood aktuell ein Spiel mit dem Feuer zu sein; seien es nun die Streiks oder die Furcht, dass ihre aktuellen Blockbuster (Barbie, Oppenheimer und Mission Impossible) nicht so einschlagen, wie sie hoffen. Da setzt man natürlich, von Mission Impossible kurz abgesehen, auch auf altbewährtes und bedient sich einem Franchise wie Indiana Jones, dessen erster Teil vor mehr als 40 Jahren herauskam und nun inzwischen zum Filmkanon gehört. Aber kann sich das alte Rezept noch immer bewähren? Oder scheitert es doch an etwas Anderem?
Wir schreiben das Jahr 1969. Mehr als zwanzig Jahre sind nun schon vergangen seit dem Ende des zweiten Weltkriegs, sowie Indiana Jones Konflikt mit den Nazis. Jones Selbst arbeitet inzwischen als Professor in New York und verlebt dort ein (inzwischen auch einsames) Leben, welches offensichtlich ihn und die Zuschauer langweilt. Diese Einöde wird nun jedoch unterbrochen durch das Eintreffen der Tochter seines ehemaligen Partners, welche selbst Archäologin zu werden scheint und im Moment ihre Doktorarbeit über das legendäre „Rad des Schicksals“ schreibt. Mit diesem Rad waren Jones und sein Kollege ebenfalls „zufälligerweise“ vor langer Zeit in Kontakt gekommen, als sie von den Nazis, in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs, den legendären Speer des Schicksals stehlen sollten, welcher sich jedoch schnell als Fälschung herausstellte. Dieses Rad fanden Indie und sein Partner jedoch damals nur zur Hälfte im Besitz des Naziwissenschaftlers Jürgen Voller; dies bildet nun im Grunde den Ausgangspunkt des Films, was dann letztendlich in einige rasante Szenen, in welchen Indie dann mit (Neo-)Nazis, der CIA, sowie arabischen Familienclans kämpft resultiert und sich am Ende des Films sogar auf eine Zeitreise in die Antike begibt.
Das Ganze mag wie das Ausgangsmaterial zu einem unterhaltsamen Blockbuster wirken. Und das ist es auch. Teilweise. Aber eben auch nur dies. Es ist ein leichtes Abenteuer, welches eine Menge Action beinhaltet, welche einmal besser und einmal schlechter umgesetzt ist. Und dies könnte man eigentlich über den Großteil des Films sagen: dass es eben „okay“ ist.
Wer hingegen mehr erwartet als zweieinhalb Stunden seines Lebens im wachen Zustand mit abgeschaltetem Kopf unterhalten zu werden, dem wird auffallen, dass dieser Film zum Großteil riesige Schwächen und Dummheiten hat. Sei es nun das wie durch Kinderhände zusammengeschustert wirkende Drehbuch, das CGI am Anfang des Films oder auch andere Aspekte, welche einem ohne Zweifel auffallen werden, wenn man sich den Film ansieht. Dies zeigt letzten Endes, dass der Film mehr verspricht als er halten kann (wie es in seinen Themen, seiner Besetzung, dem Trailer oder der Werbung überhaupt angedeutet worden ist), auch wenn der Plot ohne Zweifel nicht tiefsinniger ist, als er es in vorherigen Teilen gewesen sein mag. Jedoch wird in diesem Film geradezu mit, man kann es ohne Zweifel so ausdrücken, „Blödsinn“ um sich geworfen. Das Problem dabei ist, dass der Film das dann auch noch Ernst zu nehmen scheint und deshalb eher wirkt wie eine Kinderserie, statt, dass es noch einen gewissen Unterhaltungswert hätte. Zum einen sind da die Dialoge, welche, wie bereits angedeutet, wirken, als hätte man sie aus einer Kinderserie gestohlen und einen permanent den Kopf gegen den Sitz des Vordermannes schlagen lassen möchte oder einem zumindest zuweilen mit den Augen rollen lässt, anstatt wie zwischenmenschliche Konversation zu wirken.
Über das CGI der ersten Viertelstunde kann, beziehungsweise will man dann auch nicht reden – man muss es erlebt haben. Ich zumindest erlebte es und fühlte mich doch zum Teil etwas erstaunt, dass die Person im Kinosaal, welche neben mir saß, das Ganze nicht als Computertechnik durchschaute.
Und Zuletzt ist da noch die verrückte Reise in einem verrückten Flugzeug, welches von Nazis geflogen wird, mit welchem man ins Jahr 200 vor Christus reist, um Archimedes dort zu treffen, oder eher auf ihn zu stoßen. Hierbei wird etwas gemacht, was eher an „Ancient Aliens“ erinnert, als an irgendetwas, was auch nur in geringem Ansatz einem Regisseur wie James Mangold zuzutrauen ist.
Am meisten Kopfzerbrechen bereiten jedoch die Schauspieler; nicht weil sie schlecht wären (im Gegenteil Mads Mikkelsen Alleine schafft es, dem Film seine interessantesten Momente zu geben), sondern weil viele große, sowie bekannte Schauspieler in diesem Film wie Kanonenfutter verfeuert werden: so ist da Harrison Ford, welcher uns zuerst noch in einer künstlich verjüngten Version erscheint, welche ein wenig in ihren schlechtesten Momenten an ein Videospiel erinnert und den Zuschauer den Rest des Films damit zu verwirren scheinen will, dass er nicht alt werden darf und selbst mit Achtzig noch in der glühenden Sonne Nordafrikas in fahrenden Wagen vollführt, so, dass man im Kinosaal eher Angst hat, dass er gleich einem Herzanfall erliegt, als von Kugeln durchbohrt zu werden. Dann ist da noch Indies weiblicher Sidekick, Phoebe Waller-Bridge, welche eigentlich im Großteil des Films eher die Aufgabe zu haben scheint, eine Art emanzipierter Lückenfüller für die Frau an Indies Seite zu sein, welche im zweiten Film im Grunde nur dem Zuschauer als die Jungfer in Nöten auf die Nerven ging. Dazu bringt sie noch flotte Sprüche, welche nicht einmal die Boomer mehr zum Lachen bringen werden. Daneben weiß sie zu ihren vielen Worten jedoch wenig zu sagen.
Am tragischsten ist dann Jedoch, man kann es fast schon so sagen, der schauspielerische Missbrauch, welcher ohne Zweifel an Mads Mikkelsen verübt worden ist: ein Schauspieler, welcher ohne Rücksicht auf seine Größe als Solcher, verbraten wird wie ein Statist und einen Nazi wie aus dem Comicbuch spielt und hierbei an wenigen Stellen sein wirklich großes Talent zeigen kann, da er permanent damit beschäftigt ist, einen simplen Nazi zu spielen. Dieser ist nämlich nur ein Rassist, Querkopf und Exzentriker, welcher letztendlich als Leiche im antiken Griechenland endet, um von Archimedes seiner Uhr bestohlen zu werden. Um kurz zu spoilern. Hätte man einem anderen Schauspieler diese Rolle übernehmen lassen, wäre es wahrscheinlich schlechter ausgefallen. Mikkelsen zeigt darin gerade, seine für diesen Film verschwendete, Talentiertheit als Schauspieler.
Und am Ende sehen wir Indies Hut: wie er genommen wird, um in ein neues Abenteuer aufzubrechen. Hoffen wir nur, dass uns dieses letztendlich vorenthalten bleibt; dass nämlich das Interesse an diesen Filmen weit genug zurückgegangen sein wird, sobald es möglich ist, ein durch ChatGPT geschriebenes Skript mit einem Avatar des bis dahin bestimmt neunzigjährigen Fords umgesetzt auf Netflix sehen können. Nur ein Gott mag uns hierbei noch retten können.